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Betriebsrenten fehlt ein neuer Schub

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz, das 2018 in Kraft trat, hat der Altersversorgung noch keinen neuen Schub verliehen.

Zu dieser Einschätzung gelangte der Alterssicherungsbericht 2020 der Bundesregierung, der unlängst veröffentlicht wurde. Die Dynamik, die man sich von den Instrumenten dieses Gesetzes für die Betriebsrenten erhofft hatte, sei noch nicht eingetreten.

Die positive Entwicklung der betrieblichen Altersversorgung in den zurückliegenden 20 Jahren beruht weitgehend auf den Erfolgen der Reformen am Anfang dieser Periode. So stieg die Zahl der aktiven Anwartschaften auf eine Betriebsrente von 14,6 Millionen im Jahr 2001 auf 21,0 Millionen zum Ende des Jahres 2019. Das ergibt immerhin einen Aufwuchs von fast 45 Prozent. Entscheidend dafür waren aber vor allem die Jahre 2001 bis 2005. Inzwischen ist der Schwung aus den Reformen der Betriebsrenten vor knapp 20 Jahren wieder verschwunden.

Anteil der Beschäftigten mit bAV sinkt wieder

Von 2007 bis 2009 blieb die Zunahme neuer Anwartschaften ziemlich verhalten. Ab 2013 wuchsen sie zumindest im Einklang mit der steigenden Zahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse. Inzwischen gibt es selbst diese parallele Entwicklung nicht mehr. Die Anwartschaften bleiben hinter dem Zuwachs neuer Arbeitnehmer zurück. Die Folge: Der Anteil der Beschäftigten, die über eine betriebliche Altersversorgung verfügen, nimmt seit 2015 wieder leicht ab. Er fiel von 56,2 Prozent auf 53,9 Prozent (2019).

Dafür gibt es zwei Erklärungen. Der starke Beschäftigungsaufbau der letzten Jahre fand überwiegend in Bereichen statt, in denen Betriebsrenten nicht besonders verbreitet sind. Zum Beispiel in bestimmten Dienstleistungsbereichen. Zum anderen geht die Aufnahme einer neuen Beschäftigung nicht Hand in Hand mit der Teilnahme in der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Der Alterssicherungsbericht deckt einen klaren Zusammenhang zwischen der Verbreitung der Entgeltumwandlung, also der arbeitnehmerfinanzierten bAV, und der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit auf.

Entwicklung erklärbar, aber bedenklich

Unter Arbeitnehmern, die noch kein volles Jahr im Unternehmen beschäftigt sind, wandeln gerade einmal 6,5 Prozent einen Teil ihres Gehaltes in eine betriebliche Altersversorgung um. Bei den Arbeitnehmern mit einem bis fünf Jahren Firmenzugehörigkeit sind es immerhin schon 13,1 Prozent. Dieser Anteil steigt mit der Zeit immer weiter an. Bei sechs bis zehn Jahren sind es schon 23,6 Prozent, nach zehn Jahren 34,0 Prozent.

Beide Ursachen leuchten ein, werfen aber zugleich auch Fragen auf. Die verhaltene Weiterverbreitung oder gar Stagnation der betrieblichen Altersversorgung in den Jahren nach 2005 war ein wesentlicher Anlass für das Betriebsrentenstärkungsgesetz. Eben dieser Zustand sollte überwunden werden. Wenn nach zwei Jahren Wirksamkeit hingegen eine rückläufige Entwicklung festzustellen ist, steht zwangsläufig eine Frage im Raum: Sind die Instrumente, die mit diesem Gesetz geschaffen wurden, richtig und ausreichend?

Mehr Spielraum für Opting-out-Systeme

Zauderer mögen auf das Prinzip Hoffnung verweisen: Zwei Jahre sind vielleicht zu kurz für ein Urteil. Das Zurückbleiben der Anwartschaften hinter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten drängt aber einen Vorschlag auf: mehr Spielraum für Opting-out-Systeme. Bei ihnen erhalten neue Arbeitnehmer automatisch eine Entgeltumwandlung, es sei denn sie widersprechen aktiv. Bislang dürfen solche Systeme nur von den Tarifvertragsparteien vereinbart werden. Entfällt dieser Vorbehalt, führen wahrscheinlich mehr Unternehmen in Eigenregie gemeinsam mit dem Betriebsrat Opting-out-Regelungen in ihren Unternehmen ein. Die Tarifparteien haben sich bislang bei den Instrumenten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes wenig umsetzungsstark gezeigt.

Option einer Pflichtvorsorge steht immer noch im Raum

Eine schärfere Maßnahme wäre die Verpflichtung der Unternehmen zu einem Opting-out-Angebot. Mit einer solchen Pflicht würde die Entscheidungssituation umgekehrt. Heute haben Arbeitnehmer nur einen Anspruch auf Entgeltumwandlung. Eine solche Pflicht für die Unternehmen wäre ohne Frage weit wirkungsvoller, ist aber umstritten. Bislang gilt die betriebliche Altersversorgung als freiwillige Einrichtung der Unternehmen. Die meisten Akteure in der bAV wollen auch, dass dies so bleibt. Ein verpflichtendes Opting-out-Angebot wäre aber immer noch besser als eine neue Pflichtvorsorge. Die ist nämlich im Schlepptau des Betriebsrentenstärkungsgesetzes zu finden. Bei seiner Verabschiedung hieß es, sollten die Maßnahmen nicht wirken, behalte der Gesetzgeber auch die Option einer Pflicht zur zusätzlichen Vorsorge.