Der unterschätzte Wohlfühlfaktor
Das Wellbeing von Mitarbeitern oder auf deutsch deren Wohlbefinden ist im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie für Unternehmen zu einem markanten Faktor geworden. Im Management ist diese Thematik aber noch nicht so recht angekommen.
Zu diesem Schluss gelangt die weltweite Willis Towers Watson-Studie „Wellbeing Diagnostic Survey 2021“.
Der Begriff „Wellbeing“ umschreibt die Bedürfnisse der Mitarbeiter nach psychischer Gesundheit, sozialer Verbundenheit, emotionaler Ausgeglichenheit sowie finanzieller Absicherung.
Besondere Aufmerksamkeit, so das Beratungsunternehmen, gelte inzwischen den Risiken psychischer Erkrankungen und der Bereitstellung von Angeboten für eine gute Work-Life-Balance. Schwerfällig sei derzeit noch die Artikulierung einer klaren Strategie zur Umsetzung oder Messung, ob und wie diese Ziele erreicht werden. Stattdessen herrscht meist eine Aneinanderreihung von isolierten Gesundheitsmaßnahmen vor. Das ergab die Studie, an der in Europa 206 Unternehmen mit insgesamt 1,3 Millionen Mitarbeitern teilnahmen. Stress ist aus Sicht der Unternehmen das Hauptproblem in den Belegschaften. Es folgen herausgeforderte psychische Gesundheit (Depression und Angst) sowie Sorgen um Betreuung (Kinder- oder Altenbetreuung).
Finanzielle Sorgen finden weniger Beachtung
Während Unternehmen das physische und psychische Wellbeing in den Fokus rücken, fallen Financial Wellbeing und damit Lösungen zur Verbesserung des finanziellen Wohlstands der Belegschaft in ihrer Priorität zurück. Dieses Ergebnis überrascht nach Meinung der Experten von Willis Towers Watson. Immerhin führen finanzielle Sorgen oft auch zu psychischer Belastung.
71 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass das allgemeine Wohlbefinden der Mitarbeiter künftig im Fokus der Unternehmensführung liege. Gleichzeitig haben rund drei Viertel der Befragten angegeben, dass keine klare Wellbeing-Strategie seitens des Unternehmens besteht. Es würden nur einzelne Programme angeboten.
Programme zur Mitarbeiterbindung in knapp zwei Drittel der Unternehmen
Immerhin 61 Prozent der befragten deutschen Unternehmen planen in den kommenden drei Jahren sowohl einen Ausbau als auch eine Differenzierung der Programme zugunsten der Mitarbeiterbindung und -gewinnung. Im Mittelpunkt der Bestrebungen steht der Bereich des emotionalen Wohlbefindens. In diesem Rahmen umgesetzt werden Programme etwa für den Umgang mit Depressionen oder den Ausbau von Employee-Assistance Programmen (EAP) oder Resilienz-Trainings. Diese Bereiche sehen 95 Prozent der befragten Unternehmen als sehr wichtige Priorität an. Im Gegensatz dazu planen nur 52 Prozent der befragten Unternehmen Programme für das finanzielle Wohlbefinden, beispielsweise den Einschluss einer Erwerbsunfähigkeitsabsicherung in die – oftmals vorhandene – betriebliche Altersversorgung (bAV).
Flexible Arbeitszeiten inzwischen weit verbreitet
Unstrittig sei, so Willis Towers Watson, dass die Pandemie die Arbeitsmodelle dauerhaft verändert hat. Gerade für jüngere Arbeitnehmer zahlt flexible Arbeit auf eine ausgewogene Work-Life-Balance und damit auf das Mitarbeiter-Wellbeing ein. Die gute Nachricht: Rund 80 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, flexible Arbeitszeiten bereits eingeführt zu haben, immerhin 40 Prozent haben bezahlte Elternzeit umgesetzt, rund 35 Prozent bieten Modelle der Kinderbetreuung an.
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